Treidelschiffahrt auf der Ilmenau

Als die Barumer Bauern die Ilmenausschiffe nach Lüneburg zogen

Sechs Treidelbauern stehen vor Kloods Gasthaus in Dreckharburg , dem heutigen Horburg und schauen Ilmenau abwärts. Sie warten auf einen Ewer, der nach Lüneburg will. Unter ihnen ist auch der starke Hans, der einmal solch einen Kahn ganz allein bis vor Kloods Haustür gezogen hat.

Bald erblicken sie in der Ferne ein aufgeblähtes Segel. Erst nach Stunden legt der Khan an. Er hat Holz geladen, das für die Saline in Lüneburg bestimmt ist. „Ich brauche sechs Mann zum trecken“, sagt der Schiffer. Hans, der Wortführer, einigt sich bald mit ihm. Der Lohn beträgt zwei Taler für jeden Mann. Morgen beim ersten Hahnenschrei soll es losgehen.
Am Abend isst man noch einmal kräftig. Es gibt Mehlklöße, dann Kartoffeln mit ausgebratenem Speck und zum Schluss eine Schüssel dicker Milch. Danach wird das Strohlager aufgesucht. Am anderen Morgen ist alles früh auf den Beinen. Der Schiffer richtet den Mast auf. Das Segel bleibt zusammengerollt. In halber Höhe des Mastes wird stattdessen ein starkes, langes Tau angebunden, das in sechs Enden ausläuft. Jeder Bauer legt sich ein solches über die rechte Schulter und zieht kräftig an. Der Schiffer steht am Steuer und kann von diesem erhöhten Platz die Arbeit der Leute überwachen, da sie unter seinen Augen sind. Der Schifferknecht stößt mit einer langen Stange den Ewer von Land.
Nun schreiten die sechs Männer am linken Ufer auf Lüneburg zu, den vollbeladenen Karren hinter sich herziehend. Der Schifferknecht döst vorne an der Spitze des Kahns, nur hin und wieder muss er mit dem Staaken etwas nachhelfen, wenn der Kahn bei einer scharfen Biegung dem Ufer zu nahe kommt. Die Bauern auf dem Treidelpfad schwitzen, denn der Ewer ist schwer und die Strömung ist stark. Ein Gewitter brachte der Ilmenau viel Wasser, das jetzt zu Tal stürzt. Aber sie kennen diese Arbeit. Schweigend tun sie ihr Werk.

Am Mittag gibt es eine kurze Rast. Ein Schluck aus der Flasche löscht den Durst, karges Brot den Hunger, dann geht es weiter. Abends bereitet man sich irgendwo am Ufer ein Lager. Nachdem wieder ein dürftiges Mal eingenommen ist, sinken die Männer in tiefen Schlaf. In Wittdorf sind sie am zweiten Tag. Hier stehen ihre Häuser. Sie übernachten bei ihren Familien. Dann geht es nach Bardowick. Von hier an läuft der Treidelpfad am rechten Ufer der Ilmenau entlang. Im Bardowicker Hafen liegen andere Ewer. Sie werden mit Gemüse beladen, dass nach Hamburg soll. Hinter grünen Wiesen wankt die große Burg herüber und von Ferne tauchen die Türme Lüneburg auf. Ein beschwerlicher Weg liegt aber noch vor ihnen. „Ob wir es wohl in 5 Stunden schaffen?“ so fragen Sie sich. Ja wenn es so schnell ginge, wie bei den Ewern, in die ihnen mit aufgeblähtem Segel entgegen kommen. Tief nach vorn gebeugt ziehen Sie den schweren Karren gegen die starke Strömung. Endlich ist Lüne erreicht. Der Dachreiter des Lüner Klosters mit seiner kleinen Glocke lugt zwischen den Linden hervor.

Recht erschöpft kommen sie am Abend des fünften Tages in Lüneburg an. Bei der Hude steuert der Schiffer an Land und macht den Kahn fest. Er ruft seinen sechs Getreidebauern zu, dass die Arbeit getan sei. Sie bekommen ihren Lohn und gehen in die Herberge der Schiffer. Am nächsten Morgen wandern sie wieder nach Dreckharburg zurück, um neue Arbeit zu suchen

Quelle: Treidelschiffahrt – Lüneburger-Land-1953

Artikel vorlesen lassen